Themen
WiFF-Bundeskongress 2024 In der Praxis und für die Praxis lernen - Konzepte und Rahmenbedingungen für Ausbildung und Studium in der Frühen Bildung
Das Lernen in der Praxis und die Praxisanleitung in den Kitas stehen in Zeiten des Fachkräftemangels und mit den praxisintegrierten und berufsbegleitenden Formaten vor neuen Herausforderungen: Welche aktuellen Ansätze und Konzepte gibt es? Wie kann der Theorie-Praxis-Transfer im Rahmen von Ausbildung und Studium gestaltet werden? Unter welchen Bedingungen gelingt das Mentoring in der Praxis und wo liegen die Stolpersteine? Und: Was bedeutet gute Lernortkooperation und was braucht es für die Umsetzung? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der WiFF-Bundeskongress am 13. und 14. November 2024. Etwa 150 Akteurinnen und Akteure aus Ausbildung, Studium und Kita-Praxis sowie aus Wissenschaft, Steuerungsebene und Politik kamen in der Robert Bosch Stiftung in Berlin zusammen, um über das Lernen in der Praxis zu reflektieren.
Film: Highlights vom Bundeskongress 2024
13. November 2024 | 1. Kongresstag
Begrüßung durch die Projektpartner
Eine hohe Ausbildungsqualität und damit auch eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis sind unverzichtbar, darüber sind wir uns alle einig.
Zum Einstieg in die Tagung begrüßten Dr. Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung, MinDirig. Dr. Stefan Luther vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und Professor Dr. Bernhard Kalicki vom Deutschen Jugendinstitut die Anwesenden im Namen der am Projekt WiFF beteiligten Partner.
Die Sicherung einer guten frühkindlichen Bildung wird immer wichtiger, auch mit Blick auf die Stablisierung der Demokratie.
In ihren Grußworten unterstreichen sie die Relevanz des Praxislernens für die Ausbildung von Nachwuchskräften. Denn die Professionalisierung in der Frühen Bildung sei eng verbunden mit der Qualität in Einrichtungen, die zum Wohl der Kinder und der Gesellschaft beitrage.
Der Schritt vom Wissen zum Handeln ist komplex und anspruchsvoll.
WiFF Transfer versteht Forschung als Forschung mit und in der Praxis. Der Kongress biete eine gute Gelegenheit für Wissenschaft, Praxis und Politik miteinander und voneinander zu lernen, so die Projektpartner.
Einführung in die Tagung: Neue Ausbildungs- und Studienformate – Herausforderungen für das Praxislernen
"In der Ausbildung des frühpädagogischen Nachwuchses hat sich viel getan", stellt WiFF-Leitung Professorin Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin zu Beginn ihrer Einführung fest. Das verdeutliche der Blick in empirische Daten, die die WiFF im Rahmen des Fachkräftebarometers und einer Panel-Studie erhebt. Es zeigt sich eine zunehmende Dualisierung der Erzieher:innenausbildung sowie der kindheitspädagogischen Studiengänge. Es zeigt sich auch: Personen in dualisierten Formaten fühlen sich belasteter als diejenigen in den klassischen Vollzeit-Formaten. Positiv wirke sich die dualiserte Erzieher:innenausbildung dagegen auf den Theorie-Praxis-Transfer aus. Ein Befund der sich bei den kindheitspädagogischen Studiengängen allerdings nicht wiederfindet. Die vorgestellten Ergebnisse würfen Fragen auf, denen sich der Kongress widmet. Wie kann mit den Belastungen auf Seiten der Auszubildenden umgegangen werden? Welche Herausforderungen stellen sich Praxisanleitungen angesichts der Vielfalt von Praktikantinnen und Praktikanten. Wie kann die Kita als Lernort gestärkt werden und welche Rahmenbedingungen braucht es dafür?
Mitschnitt des Vortrags
Keynote: Theorie-Praxis-Transfer im Rahmen von Ausbildung und Studium
Blick auf (berufliche) Lernortkooperationen
Prof. Dr. Anke Karber von der Leuphana Universität beleuchtet in ihrer Keynote den Diskurs um Theorie- und Praxis-Transfer in sozialpädagogischen Studien- und Ausbildungsgängen. Nicht nur im Kontext von Unterricht, sondern insbesondere in den (integrierten) Praxisphasen treten Fragen zur Professionalisierung pädagogischer Fachkräfte auf: Wie kann berufliches Handeln als eine Verschränkung von Fachwissen und berufspraktischem Wissen über eine didaktisch methodische Begleitung erlernt werden? Besondere Berücksichtigung finden dabei die beruflichen Lernortkooperationen. Diese sind seit jeher landes- und schulspezifisch geprägt, erweisen sich aber trotz zunehmender Pluralisierung der Ausbildungsformen konzeptionell stabil. Um System und Akteure im Arbeitsfeld Frühe Bildung weiter zu professionalisieren, empfiehlt die Professorin für Berufsbildungsforschung und Didaktik unter anderem die Kooperationen zwischen den Lernorten zu flexibilisieren, die Praxisbegleitung in einem nationalen Kriterienkatalog für die pädagogische Qualität beruflicher Bildung zu standardisieren sowie die Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrende und Praxismentor:innen stärker zu fokussieren. Auch bestehen noch didaktische Entwicklungsbedarfe, indem beispielsweise die Lernortkooperation im Lehrkräftestudium höher gewichtet und die Theorie-Praxis-Verknüpfung über alle sozialpädagogischen Qualifizierungen vertieft wird. Anke Karber resümierte ihren Vortrag mit der Forderung nach mehr "empirischer Forschung in Bezug auf Lernortkooperation in der sozialpädagogischen Berufsbildung".
Mitschnitt des Vortrags
Open Space-Konferenz
Erstmalig hat die WiFF bei einem Bundeskongress die Open Space-Methode angewendet. Alle Teilnehmenden waren eingeladen, ihre Themen und Fragestellungen zum Komplex des Praxislernens in zwei offenen Runden zur Diskussion zu stellen. Diese und weitere Themen wurden eingebracht: Wie sieht eine ideale Lernortkooperation aus? Welche Formate der Vernetzung zwischen Schulen und Praxis könnten wirksam sein? Ist die duale Berufsausbildung ein Ziel für die Arbeitsfelder der Kinder- und Jugendhilfe? Was hilft Praxisanleitungen bei der Entwicklung ihrer Fachkompetenz? Und wie sieht "Best Practice" für die Qualifikation von Praxisanleiter:innen aus? Erfahren Sie mehr über die Open Space-Methode in unserem Blog.
14.11.2024 | 2. Kongresstag
Keynote: Praxisanleitung und Mentoring als Teamaufgabe
Anforderungen an die Beziehungs- und Alltagsgestaltung und Herausforderungen in der Organisationsentwicklung
Prof. Dr. Barbara Lochner vom Thüringer Institut für Kindheitspädagogik an der Fachhochschule Erfurt behandelt in ihrer Keynote die Rolle des Teams für eine gelingende Praxisanleitung und die qualitative Gestaltung des Lernortes Praxis, der gleichzeitig auch wichtige Aufgaben der Organisationsentwicklung erfüllt. „Teams haben einen maßgeblichen Einfluss auf die berufliche Sozialisation und Lern- und Handlungsmöglichkeiten von Praktikantinnen, Auszubildenden und Studierenden“, so Lochner. Der Vortrag nimmt das pädagogische Team als Lernort aus unterschiedlichen theoretischen Perspektiven in den Blick: Welche Teamqualitäten tragen zu guten Bedingungen am Lernort Praxis bei? Eine gemeinsame Zieldefinition und ein reflexiver Bezug zum pädagogischen Alltagshandeln stärken zum Beispiel die Kompetenz in den „professionellen Dialog“ (kompetenz-evaluative Perspektive). Wie werden Praktikant:innen in Teams einbezogen und welche praktischen Konsequenzen ergeben sich daraus? Hier werden unter anderem die Begleitung von Praktikant:innen, Offenheit für verschieden Aufgabenprofile sowie eine erhöhte Fehler- und Kritikkultur als förderliche Mentoringansätze aufgeführt (praxislogische Perspektive).. Abschließend verweist die Kindheitspädagogin auf die Bedeutung und Chance, den Lernort Praxis zum Gegenstand von Organisationsentwicklungsprozessen zu machen. Dieser könne, wenn richtig aufgesetzt, zum Beispiel den Potenzialen für organisationales Lernen nutzen, die Heterogenität von Praktikant:innen fördern und im Rahmen der Fachkräftegewinnung und -bindung die Einrichtung als lernende und offene Organisation präsentieren.
Mitschnitt des Vortrags
Parallele Workshops
In parallel angesetzten Workshops beleuchteten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis die Herausforderungen und Gelingensbedingungen für das Lernen in der frühpädagogischen Praxis und diskutierten mit den Teilnehmenden.
Workshop 1| Lernortkooperation: Konzepte und Rahmenbedingungen
Fragen, die im Workshop diskutiert wurden:
- Welche Ansätze und Konzepte der Lernortkooperation gibt es?
- Wo liegen Herausforderungen in dieser Kooperationsbeziehung? Und wie können diese bearbeitet werden?
- Welche Gelingensbedingungen für Lernortkooperation gibt es? Wo liegen die Stolpersteine?
Präsentationen der Referierenden
Marianne Glück, stv. Schulleiterin a. D., Fachakademie für Sozialpädagogik in Mühldorf am Inn
Prof. Dr. Stephan Kösel, Leiter der Weiterbildung Praxisausbildung, Studienzentrum, Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)
Workshop 2 | Praxismentor:innen: Kompetenzen und Qualifizierungen
Fragen, die im Workshop diskutiert wurden:
- Was brauchen Azubis am Lernort Praxis?
- Worauf greifen Mentor:innen für ihre Tätigkeit zurück? Welche Kompetenzen benötigen sie?
- Welche digitale Fortbildungsformate für die pädagogische Praxis gibt es?
- Was sind Merkmale effektiver digitaler Lernangebote?
Präsentationen der Referierenden
Anne-Katrin Pietra, Co-Vorsitzende im Bundesnetzwerk Fortbildung und Beratung in der Frühpädagogik e.V.
Dr. Jasmin Bempreiksz-Luthardt und Sophie Westphal, Internationales Zentrum für Professionalisierung der Elementarpädagogik (PEP) gGmbH, Universität Graz
Workshop 3 | Mentor:innen und Praktikant:innen: Gestaltung der Zusammenarbeit
Fragen, die im Workshop diskutiert wurden:
- Wie können das Mentoring und die Beziehung zwischen Mentor:innen und Praktikant:innen gestaltet werden?
- Welche Rolle spielt die Haltung der Praxismentor:innen?
- Wie gestalten sich Praxislernen und Mentoring aus der Sicht der Lernenden?
Präsentationen der Referierenden
Christoph Kiefer, freier Berater für Kita und Träger, Arbeitsschwerpunkt: Qualitätsentwicklung der Ausbildung von Erzieher:innen am Lernort Praxis
Bärbel Barbarino und Clarissa Nachtigall, beide WiFF
Workshop 4 | Kita-Team und Leitung: Rolle und Aufgaben
Fragen, die im Workshop diskutiert wurden:
- Welche Rolle spielen Kita-Team und Leitung für das Lernen in der Praxis?
- Welche Herausforderungen ergeben sich für das Team und die Leitung mit Blick auf das Praxislernen?
- Wie kann die Einrichtung zu einem Lernort Kita weiterentwickelt werden?
- Welche Aufgaben kommen dabei Kita-Team und Leitung dabei zu?
Präsentationen der Referierenden
Doris Bonk, stv. Kita-Leiterin und Anika Scholta, Praxisanleiterin, AWO-Kita Pusteblume, Potsdam
Prof. Dr. Daniela Ulber, Department Soziale Arbeit, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Hamburg
Workshop 5 | Ausbildung und Träger: Organisation und Personalentwicklung
Fragen, die im Workshop diskutiert wurden:
- Welche Rolle spielt die Ausbildung für Fachkräftegewinnung und -bindung?
- Wie kann das trägerseitig gesteuert werden?
- Wie können Einrichtungen in ihrer Funktion als Lernort von den Trägern gestärkt werden?
- Welche Strategien und Maßnahmen der Personalentwicklung gibt es mit Blick auf Auszubildende und Studierende?
Präsentationen der Referierenden
Jessica Riehl, Ausbildungsbeauftragte, Stadt Frankfurt am Main
Prof. i. R. Dr. Petra Strehmel, Department Soziale Arbeit, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Hamburg